Es war das beherrschende Thema beim Vertriebsgipfel des wmd-brokerchannels am Tegernsee Anfang Januar 2025. Für Chefredakteur Friedrich A. Wanschka Anlass genug einmal einen möglichen Tagesablauf eines Vermittlers mit KI-Unterstützung in der Zukunft zu skizzieren.
In einer Welt, in der künstliche Intelligenz zunehmend Einzug in alle Lebensbereiche hält, steht auch die Finanzberatung vor einem tiefgreifenden Wandel. Wie sieht der Arbeitsalltag eines erfolgreichen selbstständigen Finanzberaters heute mit KI-Unterstützung aus und wie könnte er sich in Zukunft gestalten? Ein Blick in die Gegenwart und eine Prognose für die Zukunft zeigen die faszinierenden Möglichkeiten und Herausforderungen dieser Entwicklung.
Der Finanzberater von heute: KI als effizienter Assistent
Moritz Weber, ein erfahrener selbstständiger Finanzberater, startet seinen Tag um 7:30 Uhr. Noch beim Frühstück wirft er einen Blick auf sein Smartphone, wo eine KI-gestützte App ihm bereits eine Zusammenfassung der wichtigsten Finanznachrichten und Marktbewegungen präsentiert. Die App hat die Informationen über Nacht analysiert und auf Moritz’ Kundenportfolio abgestimmt.
Um 8:30 Uhr betritt Moritz sein Büro. Sein erster Weg führt ihn zu seinem Computer, wo er sich in sein KI-unterstütztes Kundenmanagementsystem einloggt. Das System hat über Nacht die Portfolios aller Kunden analysiert und präsentiert Moritz eine Liste mit Handlungsempfehlungen. Für einen Kunden, dessen Anlagestrategie aufgrund von Marktveränderungen angepasst werden sollte, hat die KI bereits einen Vorschlag für eine Portfolioumschichtung erarbeitet.
Moritz überprüft den Vorschlag und nimmt einige Anpassungen vor. Er schätzt die Effizienz der KI, behält aber die finale Entscheidung in der Hand. Um 9:30 Uhr hat er einen Videocall mit diesem Kunden. Die KI hat im Vorfeld einen personalisierten Gesprächsleitfaden erstellt, der auf den Kundenpräferenzen und früheren Interaktionen basiert. Während des Gesprächs nutzt Moritz ein KI-gestütztes Tool, das in Echtzeit relevante Informationen und Visualisierungen bereitstellt, um seine Erklärungen zu unterstützen.
Nach dem Kundengespräch widmet sich Moritz der Vorbereitung einer Präsentation für einen potenziellen Neukunden. Die KI assistiert ihm dabei, indem sie relevante Marktdaten aufbereitet und Vorschläge für maßgeschneiderte Anlagestrategien unterbreitet. Moritz verfeinert diese Vorschläge basierend auf seiner Erfahrung und Intuition.
Am Nachmittag hat Moritz mehrere Beratungsgespräche. Zwischen den Terminen nutzt er die Zeit, um sich mit den neuesten Entwicklungen in der Finanzwelt auseinanderzusetzen. Dabei hilft ihm ein KI-basierter Newsfeed, der relevante Artikel und Analysen filtert und priorisiert.
Gegen Ende des Arbeitstages widmet sich Moritz der Weiterbildung. Er absolviert ein Online-Schulungsmodul zur Nutzung neuer KI-Tools in der Finanzberatung. Die Schulung passt sich dabei dynamisch an sein Vorwissen und seine Lerngeschwindigkeit an.
Um 18:00 Uhr beendet Moritz seinen Arbeitstag. Bevor er das Büro verlässt, gibt er der KI noch einige Anweisungen für die Nachtarbeit: Sie soll die Portfolios aller Kunden überprüfen, potenzielle Risiken identifizieren und Vorschläge für den nächsten Tag vorbereiten.
Der Finanzberater der Zukunft: KI als gleichberechtigter Partner
Springen wir nun zehn Jahre in die Zukunft. Moritz Weber ist immer noch als selbstständiger Finanzberater tätig, aber sein Arbeitsalltag hat sich dramatisch verändert.
Moritz’ Tag beginnt um 8:00 Uhr, als er sein Home-Office betritt. Sein persönlicher KI-Assistent, den er liebevoll “FINA” nennt, begrüßt ihn und präsentiert ihm eine holografische Übersicht der wichtigsten Ereignisse und Aufgaben des Tages. FINA hat nicht nur die Finanzmärkte analysiert, sondern auch die persönlichen Nachrichten und Social-Media-Aktivitäten von Moritz’ Kunden ausgewertet, um potenzielle Lebensereignisse zu identifizieren, die finanzielle Auswirkungen haben könnten3.
Um 9:00 Uhr hat Moritz seinen ersten virtuellen Kundentermin. Die Kundin, Frau Müller, trifft Moritz in einem hochmodernen VR-Meetingraum. FINA ist als holografischer Avatar ebenfalls anwesend und unterstützt das Gespräch mit Echtzeit-Datenvisualisierungen und Simulationen verschiedener Anlagestrategien. Während Moritz die emotionalen und persönlichen Aspekte der Beratung übernimmt, liefert FINA präzise Analysen und Prognosen.
Nach dem Gespräch arbeitet Moritz an einer komplexen Finanzstrategie für einen Großkunden. FINA unterstützt ihn dabei, indem sie Millionen von Datenpunkten in Sekundenschnelle analysiert und verschiedene Szenarien durchspielt. Moritz’ Rolle besteht darin, die ethischen Implikationen zu bewerten und sicherzustellen, dass die Strategie mit den Werten und Zielen des Kunden übereinstimmt.
Am Nachmittag nimmt Moritz an einer virtuellen Konferenz teil, bei der führende Finanzexperten und KI-Systeme gemeinsam über die Zukunft der globalen Wirtschaft diskutieren. FINA fasst die wichtigsten Erkenntnisse für Moritz zusammen und zeigt auf, wie diese auf seine Kunden angewendet werden können.
Gegen Ende des Tages führt Moritz ein Coaching-Gespräch mit einem jüngeren Kollegen. Sie diskutieren darüber, wie man die Balance zwischen menschlicher Intuition und KI-gestützter Analyse in der Finanzberatung findet. Moritz betont, dass trotz der fortschrittlichen KI-Systeme die menschliche Komponente in der Beratung unersetzlich bleibt.
Um 17:00 Uhr beendet Moritz seinen offiziellen Arbeitstag. FINA übernimmt nun die Nachbearbeitung, erstellt detaillierte Berichte für jeden Kunden und bereitet Vorschläge für den nächsten Tag vor. Moritz weiß, dass er jederzeit auf FINA zugreifen kann, sollte nachts eine dringende Kundenanfrage eingehen.
Die Transformation der Finanzberatung
Der Vergleich dieser beiden Tage zeigt deutlich die transformative Kraft der KI in der Finanzberatung. Während die KI heute primär als Werkzeug zur Effizienzsteigerung und Datenanalyse dient, entwickelt sie sich in Zukunft zu einem fast gleichberechtigten Partner des Beraters.
In der Gegenwart unterstützt KI den Finanzberater bei der Informationsbeschaffung, Datenanalyse und Portfoliooptimierung. Sie erleichtert Routineaufgaben und ermöglicht es dem Berater, sich auf die strategische Planung und die persönliche Kundenbeziehung zu konzentrieren. Die KI fungiert als leistungsfähiger Assistent, der im Hintergrund arbeitet und dem Berater wertvolle Erkenntnisse liefert.
In der Zukunft wird die KI zu einem interaktiven Partner, der aktiv an Kundengesprächen teilnimmt, komplexe Finanzstrategien mitentwickelt und sogar in der Lage ist, eigenständig mit Kunden zu kommunizieren. Die Rolle des menschlichen Beraters verschiebt sich dabei hin zu einem Moderator und Ethik-Experten, der die Schnittstelle zwischen KI-generierten Erkenntnissen und menschlichen Bedürfnissen bildet.
Trotz dieser fortschreitenden Entwicklung bleibt der menschliche Faktor in der Finanzberatung unverzichtbar. Empathie, Vertrauensaufbau und die Fähigkeit, komplexe finanzielle Entscheidungen im Kontext der Lebenssituation und Werte eines Kunden zu betrachten, sind Qualitäten, die eine KI nicht vollständig ersetzen kann.
Die Herausforderung für Finanzberater der Zukunft wird darin bestehen, die Stärken der KI optimal zu nutzen, ohne dabei die menschliche Komponente der Beratung zu vernachlässigen. Sie müssen lernen, nahtlos mit KI-Systemen zusammenzuarbeiten und deren Erkenntnisse in verständliche und umsetzbare Ratschläge für ihre Kunden zu übersetzen.
Gleichzeitig werden sich Finanzberater kontinuierlich weiterbilden müssen, um mit den rasanten technologischen Entwicklungen Schritt zu halten. Die Fähigkeit, KI-Systeme effektiv zu nutzen und deren Grenzen zu verstehen, wird zu einer Kernkompetenz in der Finanzberatung werden.
Die Integration von KI in die Finanzberatung bietet enorme Chancen für eine präzisere, effizientere und personalisiertere Beratung. Sie ermöglicht es Beratern, fundiertere Entscheidungen zu treffen und ihren Kunden einen Mehrwert zu bieten, der weit über das hinausgeht, was ein Mensch oder eine Maschine allein leisten könnte.
Allerdings bringt diese Entwicklung auch Herausforderungen mit sich. Datenschutz und ethische Fragen bezüglich der Nutzung von KI in der Finanzberatung müssen sorgfältig adressiert werden. Zudem besteht die Gefahr einer zu starken Abhängigkeit von KI-Systemen, was zu einer Vernachlässigung menschlicher Urteilskraft führen könnte.
Insgesamt steht die Finanzberatung vor einem spannenden Wandel. Die erfolgreichen Berater der Zukunft werden diejenigen sein, die es schaffen, die Vorteile der KI zu nutzen, ohne dabei die menschlichen Aspekte ihrer Arbeit aus den Augen zu verlieren. Sie werden zu Dirigenten eines Orchesters aus menschlicher Expertise und künstlicher Intelligenz, die gemeinsam eine Symphonie der modernen Finanzberatung komponieren.
Der Autor: Friedrich Andreas Wanschka ist Gründer von wmd-brokerchannel.de, dem multimedialen Brancheninformationsdienst für Finanzdienstleister. Er ist zudem als freier Autor, Chefredakteur, Herausgeber, Referent und Moderator zahlreicher Fachveranstaltungen, Kongresse und Publikationen wie FinanzBusinessMagazin.de, Verbraucherfinanzen-Deutschland.de, Gewerbefinanzen-Deutschland.de oder www.OnlyOneFuture.de und Investorenkongress.de bekannt. Er ist Moderator des jährlich stattfindenden Vertriebsgipfel Tegernsee. www.Vertriebsgipfel-Tegernsee.de
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