Maklerinnen und Makler können vieles tun, um die Beratung, ihr Büro und ihre Arbeitsweise nachhaltiger zu gestalten. Und sie können so mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Kunden zum Nachmachen inspirieren.
Was jeder Einzelne für die Umwelt tun kann, wird derzeit immer wichtiger. Kunden interessieren sich zunehmend für Produkte, die diesem Zeitgeist entsprechen – auch bei Versicherungen. Und auch im Versicherungsvertrieb gilt es, nachhaltiger zu arbeiten. Dabei geht es nicht nur um Sachen wie Ausdrucke zu vermeiden, auf Fair-Trade-Kaffee umzustellen oder E-Mobilität zu nutzen. Nein, es geht auch um die Art der Kundenberatung.
Gute Finanzberatung sorgt dafür, dass die Kundinnen und Kunden kurz-, mittel- und langfristig ausreichend finanzielle Mittel haben. Kurzfristig erkennt sie Risiken, vermeidet oder reduziert sie, indem entsprechende Versicherungen abgeschlossen werden. Sie bildet Notgroschen und verbessert die Einnahmen-Ausgaben-Situation. Mittel- bis langfristig geht es darum, Kredite der Kunden zu vermeiden, weitere Risiken einzudecken, Geld für eine Immobilie anzusparen und die Altersvorsorge zu sichern (siehe Grafik unten).
Für eine nachhaltige Beratung ist es notwendig, dass die Wünsche und Bedarfe der Kunden im Mittelpunkt stehen – und nicht Provisionsinteressen. Aus diesem Grund glauben wir, dass die Honorarberatung geeigneter für eine nachhaltige Beratung ist. Die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen ist ein Muss, und sie sollten, wo es möglich ist, bei der Produktauswahl berücksichtigt werden. Das ist derzeit in vielen Bereichen (noch) nicht möglich. Dann sollte der Berater das klar kommunizieren.
Damit Kundinnen und Kunden gute Entscheidungen im Sinne der Nachhaltigkeit treffen können, ist es unserer Meinung nach sinnvoll, Grundlagen in Sachen Nachhaltigkeit bei Finanzen und Versicherungen zu vermitteln. Kunden sollten ein Grundverständnis über Wirkungsweisen, Wesentlichkeiten und den Status quo haben.
Damit sorgt gute Finanzberatung bereits für ein UN-Nachhaltigkeitsziel: keine (relative) Armut. Sind die existenziellen Risiken abgesichert und die Liquidität gesichert, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass der Kunde in Armut abrutscht. Außerdem kann gute Finanzberatung Denkanstöße liefern und zur Reflexion über das eigene Konsumverhalten anregen. Insofern kann gute Finanzberatung auch einen Beitrag zum Nachhaltigkeitsziel 12 nachhaltiger Konsum und Produktion leisten.
Gute Finanzberatung kann weiterhin etwas für die Geschlechtergleichheit leisten. Das gelingt, indem sie Gender-Pay-Gap und Gender-Pension-Gap erkennt, thematisiert und entsprechende Lösungsvorschläge unterbreitet (mehr dazu ab Seite 62). Zuletzt kann Finanzberatung auch noch etwas für Gesundheit und Wohlergehen tun. Das betrifft die Bereiche von Berufsunfähigkeits- und Krankenversicherung. Indem Berater präventive Maßnahmen ins Gespräch bringen, sorgen sie für die Erhaltung der Gesundheit. Indem Sorgen und Ängste genommen werden, bleibt die psychische Gesundheit erhalten.
Ein spezieller Bereich ist das Nachhaltigkeitsziel 9 Industrie und Innovation. Einerseits kann der Berater über ein innovatives Geschäftsmodell und Honorarberatung Veränderungen in der ganzen Branche bewirken. Anderseits fragen sie nachhaltige Finanzprodukte bei den Anbietern nach und fördern so die Entwicklung dieser Produkte.
Nachhaltiges Netzwerk
Ein guter Berater macht nicht alles selbst, sondern fokussiert sich auf bestimmte Themen. Wir zum Beispiel setzen unseren Schwerpunkt auf die Bereiche Absicherung existenzieller Risiken (BU, Todesfall und so weiter) und Sachversicherungen (Hausrat, Haftpflicht und mehr). Wir beraten jedoch nicht zu privaten Krankenversicherungen oder vermitteln Altersvorsorgeprodukte oder Kapitalanlagen.
Diese Themen geben wir an kompetente Netzwerkpartnerinnen und -partner ab. Im besten Fall erfolgt die Auswahl dieser Kooperationen ebenfalls nach Nachhaltigkeitskriterien. Da sich die Branche jedoch noch am Anfang der Reise befindet, kann das noch eine Weile dauern.
Der Weg zum Green Office
Darüber hinaus kann und sollte jede Maklerin und jeder Makler auch im Büro eine Menge tun. Wir fassen solche Maßnahmen unter dem Begriff Green Office zusammen. Die Checkliste auf Seite 94/95 zeigt Maßnahmen, die (fast) jedes Unternehmen ergreifen kann.
Einzelne Maßnahmen zur Nachhaltigkeit sind dabei gut und richtig, aber nicht ausreichend. Es besteht die Gefahr, dass Unternehmen Ziele und Maßnahmen falsch priorisieren, Stichwort: Wesentlichkeit. Letztlich birgt ein unstrukturiertes Vorgehen die Gefahr, mehr Greenwashing und PR denn echte Nachhaltigkeitsentwicklung zu betreiben. Aus diesem Grund sind Strategien für echte Nachhaltigkeit nötig.
Es gibt jedoch nicht die eine richtige Strategie. Außerdem sind wir nicht alle von jetzt auf gleich nachhaltig. Aber es gibt einige Heuristiken (Daumenregeln), mit denen Maklerinnen und Makler etwas für echte Nachhaltigkeit tun können. Nachhaltigkeit muss zum Beispiel ganz oben angesiedelt sein und das gesamte Unternehmen erfassen. Es reicht eben nicht, einen Baum zu pflanzen und gleichzeitig ein Geschäftsmeeting anzuberaumen, zu dem alle mit dem Auto oder Flieger anreisen müssen. Im besten Fall wird das gesamte Geschäftsmodell nachhaltig. Alle Bereiche des Unternehmens müssen sich auf den Weg machen und ihren Teil beitragen. Es ist übrigens egal, wie klein oder groß ein Unternehmen ist.
Um zu erkennen, was im Unternehmen wesentlich für die Nachhaltigkeit ist, braucht es Kompetenz. Entweder indem das Unternehmen eine eigene Abteilung dafür aufbaut oder sich die Kompetenz von außen einkauft. Nehmen wir das Beispiel Bekleidungshersteller. Unwesentlich ist es, ob die Firmenzentrale Photovoltaik auf dem Dach hat. Wesentlich ist es, ob die Klamotten selbst nachhaltig (soziale und Umweltaspekte) hergestellt werden. Oder nehmen wir ein Architekturbüro. Es ist unwesentlich, ob die Architekten mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen. Es ist wesentlich, ob sie im Kern ihrer Dienstleistung – also dem Entwerfen von Häusern – Nachhaltigkeit integrieren. Genauso läuft es auch im Vertrieb – siehe die Ansätze zur nachhaltigen Beratung vom Anfang.
Am besten ist es, wenn sich Unternehmen „smarte“ Ziele für ihre Nachhaltigkeitsstrategie setzen. „Smart“ steht für specific (spezifisch), measurable (messbar), achievable (erreichbar), reasonable (attraktiv) und time-bound (terminiert). Denn dann ist klar, warum das Unternehmen die Ziele verfolgt und wie und wann es diese erreichen möchte. So lässt sich in der Zukunft prüfen, ob das erfolgreich war. Selbstverständlich können nicht immer alle Ziele (fristgerecht) erfüllt werden. Dann muss das Unternehmen klären, woran es lag und Abhilfe schaffen. Seien Sie dabei transparent! Das schafft Vertrauen. Die Grafik unten zeigt übrigens einige Ziele, die wir selbst uns in Sachen Nachhaltigkeit gesetzt haben.
Im Kern kann jeder etwas dazu beitragen, die Umwelt zu schützen, mehr Gerechtigkeit herzustellen, Armut zu vermeiden und transparent zu beraten. Nicht alles kann oder wird klappen. Oft sind es aber viele kleine Schritte, die die Veränderung ausmachen. Durch unser eigenes Handeln (oder Nicht-Handeln) bieten wir anderen Inspiration und Impulse, ihr eigenes Verhalten zu hinterfragen und zu ändern – gerade auch gegenüber unseren Kundinnen und Kunden. Also: Seien Sie Vorbild!
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